17. Januar 2022
«Ich spüre ein Gefühl der Dankbarkeit und Freude»
Ende 2021 ist Pflegedienstleiter Bruno Barmettler in Pension gegangen. Er schaut zurück und erzählt.
Zweiunddreissig Jahre habe ich in den Heimen Kriens gearbeitet. Eine lange Zeit und doch scheint mir diese wie im Flug vorbei gegangen zu sein. Ich verstehe nun ältere Menschen besser, wenn sie mir sagen, dass das Leben doch eigentlich schnell vorbeiging, obwohl sie so alt geworden seien.
Der griechische Philosoph Heraklit sagte etwa 500 Jahre vor Christus, dass nichts so beständig sei wie der Wandel. Wie recht er doch hat, gerade heute. Und es dünkt mich, dass dieser Wandel immer schneller geht, manchmal so schnell, dass viele Menschen nicht mehr nachkommen. Und doch gibt es Dinge, die bei allem Wandel beständig bleiben. Werte und Grundhaltungen, die schon bei Heraklit gegolten haben und auch heute noch gelten. Werte wie Liebe, Treue und Wahrheit. So bewegen wir heutigen Erdenbürger uns immer zwischen dem Wandel und bleibenden Werten.
Als das Heim Zunacher 1 gegen Ende 1989 fertig war, fragte mich der damalige Sozialvorsteher Walter Gloor an, ob ich wieder Lust hätte, in den Heimen Kriens zu arbeiten. Ich kannte ihn noch von meiner Zeit im Grossfeld, wo ich vorher einmal gearbeitet hatte. Da ich in Kriens wohnte, fiel mir der Entscheid leicht, auch wieder in Kriens zu arbeiten. Dass es dann bis zu meiner Pensionierung sein würde, konnte ich mir damals auch nicht vorstellen.
Wie das Leben manchmal so spielt, habe ich jetzt Herrn Gloor mit seiner Gattin Eliana wieder im Zunacher 1 angetroffen, diesmal als Bewohnende und ich als angehender Pensionist.
Rollatoren erobern das Zunacher
Wenn sie mich fragen, welche wichtigen Veränderungen mir von dieser Zeit in den Sinn kommen, dann ist es immer wieder der Rollator. Sie werden es nicht glauben, als wir in das Zunacher 1 einzogen, gab es diese noch nicht. Diese Gestelle mit vier Rädern und einer Bremse waren genau so wenig bekannt wie der Computer. Die Rollatoren als Gehilfe haben aber unglaublich viel bewirkt. Alte Menschen mit Einschränkungen in der Mobilität haben mit dem Rollator wieder laufen gelernt, sie erlangten neue Sicherheit und ihr Bewegungsradius erweiterte sich deutlich. Heute findet man die Rollatoren als riesiger Wagenpark bei jeder Veranstaltung. Kleine Ursache, grosse Wirkung!
Selbstbestimmung, Normalität und Individualität
Als ich meine Arbeit im Zunacher aufnahm, hatten wir noch etliche Bewohnende mit Jahrgängen aus dem 19. Jahrhundert. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte der älteste Bewohner den Jahrgang 1888 und hatte zirka 60 Jahre in der Viskose Emmenbrücke gearbeitet. Zum Vergleich: 1888 erhielt Carl Benz für seinen Motorwagen die erste Fahrerlaubnis der Welt. Menschen mit der Prägung aus dieser Zeit lebten damals im Zunacher. Und wie waren sie? Ich meine, sie waren sehr anspruchslos. Wenn man in ihrer Jugend ein Dach über dem Kopf und genügend zu essen hatte, war man schon recht glücklich.
«Ich bin dankbar gegenüber allen Menschen,
denen ich in ihrer jeweiligen Funktion beziehungsweise
Lebenssituation begegnet bin."
-Bruno Barmettler-
Mit neuen Generationen kamen auch veränderte Ansprüche an das Heimleben. Nicht nur eine Sicher-Satt-Sauber-Pflege wird verlangt, sondern das Leben im Alter wird als Lebensabschnitt gesehen, den es zu gestalten gilt. Selbstbestimmung, Normalität und Individualität stehen dementsprechend im Vordergrund. Der Wandel wird immer schneller und damit die Ansprüche an die Beteiligten hinsichtlich Agilität. Und damit wären wir auch schon in der Zukunft angelangt. Aber dies überlasse ich nun den Andern.
Wenn ich nun auf die vergangenen Jahre in den Heimen Kriens zurückblicke, spüre ich in mir ein Gefühl der Dankbarkeit und der Freude. Dankbarkeit gegenüber allen Menschen, denen ich in ihrer jeweiligen Funktion beziehungsweise Lebenssituation begegnet bin, Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeitende, Angehörige, Gäste, Politiker, Kolleginnen und Kollegen. Ich habe in all den Jahren viele Menschen kennen gelernt, die mehr geleistet haben, als sie mussten. Und Freude empfinde ich, weil ich diese Arbeit immer gern gemacht habe.
Ich danke allen für ihren Einsatz und das Gute, das sie bewirkt haben.